Mama auf dem Campingplatz verloren
Am nächsten Morgen im Waschhaus staunte ich nicht schlecht. Der Sand für die Kleckerburgen lag immer noch im Waschhaus. Dazu Haare und was eben alles so auf dem Boden in einem Waschhaus liegen kann und die Eimer waren immer noch randvoll gefüllt. Vielleicht sind wir zu früh aufgestanden. Das Duschen verschob ich auf eine nächste Gelegenheit.
Es ist und kann nicht immer alles perfekt sein. Aber wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Wir als Gäste wurden wie Schüler eines Schullandheimes behandelt und für das Flüstern 3 Minuten nach 22 Uhr getadelt. Wie es mit der Perfektion auf der Seite des Campingplatzes ausseht, hat uns das Bad eindrücklich gezeigt. Also nix wie weg!
Als wir gegen 10 Uhr das Gelände fluchtartig verließen, war der Dreck immer noch im Waschhaus. Mit uns verließen noch andere Camper den Platz, alle waren am Schimpfen und wir waren uns einig, diesen CP nicht mehr zu besuchen. Es ist schade, er war mal sooo toll.
Heute war ein kleines Highlight angesagt. Wir passierten die Havelquellen und somit auch das Ende, oder den Anfang des Havel-Radweges. Ab dort folgen wir dem Berlin-Kopenhagen -Radweg, der bis zur Havelquelle ab Berlin identisch dem Havelradweg ist.
Es dauerte wieder mal nicht lange und ich hörte den Ruf, der mich jedes Mal erschauern lässt und gefühlt nach einer immer kürzeren Zeit nach dem Start kommt: Mama, ich habe Hunger!“. Ich hatte Glück, die Kinder erst recht, denn es kam tatsächlich bald ein netter Kiosk, direkt am Wegesrand. Also, Pause und Essen.
Nach einer Weile errichten wir die Quelle und nutzen die nette Umgebung für eine weitere, größere Pause. Gleich nebenan gab es einen wunderschönen See mit einem tollen Strand, doch so richtig Lust zum Baden stellte sich nicht ein.
Bevor wir weiterfuhren, checkte ich nochmal auf Komoot den Weg und tätigte eine fatale Entscheidung. Ich wollte eine Abkürzung nehmen und gleichzeitig schön am See entlangfahren. Bereits kurz nach der Quelle kam eine ordentliche Steigung. Aber alle zogen mit. Oben angekommen dann die Enttäuschung. Der Weg wurde Meter für Meter schlechter, die Räder wühlten sich immer mehr in den Sand. Aber umdrehen, den Berg wieder herunter wollte auch niemand. Unser Mantra: Es wird gleich besser! Alle bissen wir die Zähne zusammen und zogen und schoben an den Rädern. Wenn der Kleine nicht mehr vorankam, schob ich mein Rad ein Stück vor, kehrte um und half ihm. So quälten wir uns gut 2 km durch den Wald, Hügel hoch, Hügel runter, Sandkuhle rein, Sandkuhle raus. Die größten Probleme hatte meine älteste Tochter, da sie sehr schmale Reifen hatte. Das ist auf guten Wegen von Vorteil, rächt sich jedoch im Gelände.
Endlich kamen wir an Häusern vorbei, vor denen Autos standen. Autos bedeutet in der Regel, dass der Weg besser werden sollte. Doch was ist in der Pampa schon eine Regel. Der Weg wurde zu einem ausgefahrenen Sandweg mit diesen dafür typischen „Unebenheiten“, die einen ganz rhythmisch vom Rad fallen lassen. Meiner Ältesten rutsche hin und wieder das Rad im Sand weg. Was hat sie geflucht. Als Pubertierende ist das eh das, was sie gefühlt am besten kann. Nach ca. weiteren 2 km errichten wir den Radweg wieder und der Sandfluch war vorbei. Ich wurde noch etwas länger verflucht, war ich doch schuld an dem Dilemma. Ein Eis wurde als Entschädigung verlangt. Sofort.
Mir fiel ein, dass wir unbedingt Tests benötigten. In Mecklenburg-Vorpommern wird das verlangt. Am Cp Hexenwäldchen konnten wir den Test vom Vortag vorlegen, das hatte gereicht. Also hielten wir in jedem Laden an, an dem wir vorbeifuhren. Aber überall hieß es: Ausverkauft. Na prima. Egal, hilft ja nichts, weiter. Wir nährten uns langsam Waren und damit auch den schönen Buchenwäldern, die den größten See Deutschlands, der komplett innerhalb Deutschlands liegt, die Müritz, umgeben. Zur Müritz ging es eine lange asphaltierte Abfahrt durch diesen herrlichen Wald hinunter. Was für ein Gaudi. Unten angekommen verfuhren wir uns. Dummerweise bergauf. So wurde ich heute ein weiteres Mal dreistimmig verflucht. In Waren fand grade ein großes Volksrennen statt. Eigentlich war dies schon beendet und die Bühne wurde bereits abgebaut. Allerdings trafen immer noch vereinzelt Läufer und Läuferinnen ein. Wir kauften uns einen Döner, denn die Gaststätte am CP war nicht grade preiswert und der Laden wohl schon geschlossen. Die Kinder hingen inzwischen ganz schön in den Gräten. Als wir unseren Döner an einem Brunnen genossen, entdeckte Frida in einem Restaurant das Pärchen mit dem bunten Fahrrad. Wir winkten einander zu und später tauschten wir noch ein paar Worte aus. Sie waren an einem andern CP als wir.
Zu unserem Zeltplatz mussten wir noch wenige Kilometer am Ufer der Müritz entlangfahren.
Als wir dort ankamen stockte mir der Atem. Auf dem riesigen Parkplatz vor dem CP standen Camper, in Reih und Glied. Dazwischen standen Campingstühle und Tische, welche den einzigen Unterschied zu einem Parkplatz ausmachten. Oh nein, bitte, bitte lass uns nicht irgendwo dazwischen einen Platz zugewiesen bekommen.
An der Rezeption dann der nächste Schock. Sie verlangten natürlich nach einem Corona-Test. Wir hatten aber keine mehr. Ach, kein Problem, sie können bei uns welche erwerben. Ok. 5€ das Stück. Wie bitte? Nun ja, blieb mir ja nichts anderes übrig, als für 20 € Test zu kaufen, die vorher für 7 € erworben wurden. Ich hätte nichts gegen einen Aufschlag gesagt, aber eine Gewinnspanne von 3,25 € pro Test ist für mich die reinste Ausnutzung der Notlage ihrer eigenen Gäste. Muss man auch zweimal drüber nachdenken.
So hockten wir dann vor der Rezeption und testeten uns. Eine Situation, die wir noch öfter erleben durften.
Zum Glück erwies sich die uns zugewiesene Zeltwiese als nicht so absurd, wie dieser Parkplatz mit Sitzgelegenheiten. Nach dem Zeltaufbau gönnten wir uns alle eine ausgedehnte Dusche. Die Kinder verließen das Duschgebäude bereits vor mir. Als ich wieder herauskam, war es dunkel geworden und auf dem Weg zum Zelt bin ich irgendwo falsch abgebogen. Ich fing an, die Kinder zu suchen. Der Zeltplatz ist nicht so klein und obschon ich eigentlich einen guten Orientierungssinn habe, lief ich hin und her, ohne die Kinder zu finden. Zum Glück hatte ich mein Handy dabei. Ich blieb stehen, um sie anzurufen musste dabei herzlich über mich selbst lachen. Aber ich brauchte nicht anrufen, denn ich hörte plötzlich Kinderstimmen: Warum soll ich das machen. Immer ich. Das ist doch deins. Nein, das ist meins. Hach, zum ersten Mal in meinem Leben freute ich mich über ihre ewigen Streitereien. Ich musste nur noch zu Quelle des Lärms gehen. Als ich hinter einem Wohnwagen hervortrat und vor dem Zelt stand, aus dem die Stimmen kamen, musste ich laut losprusten. Das waren gar nicht meine Kinder. Konnten aber genauso streiten, mit den gleichen Argumenten.
Als ich mich beruhigt hatte, suchte ich weiter und fand sie alsbald.
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